Interview mit Ursula Arztmann

/Geschrieben am 06 Jun 2021
Interview mit Ursula Arztmann

Nach 20 Jahren in der Unternehmenswelt tauschte Uzzy ihre geschäftlichen Anzüge gegen Stiefel und Machete. Sie gründete Soulfood Forestfarms und hilft Bauern auf der ganzen Welt beim Übergang zu regenerativen Anbaumethoden.

Nach einem unternehmerischen Leben, in dem sie 20 Jahre lang für große Konzerne gearbeitet hatte, öffnete ihr eine Nahtoderfahrung die Augen für eine neue Sichtweise auf die Welt; eine Welt, mit der sie sich immer tief verbunden fühlte, die sie schätzte und die sie ernährte. So begann sie mit Ende 40 Umwelttechnik zu studieren und folgte ihrem Kindheitstraum, in und mit der Natur zu arbeiten. Wie ein wissbegiereriges Kind saugte sie alles auf und verschmolz mit den Themen, die um eine Frage kreisten: Wie können wir Menschen, als Teil der Natur mit ihr in Harmonie leben.

Also tauschte sie ihre Business-Klamotten gegen Stiefel und eine Machete und verließ Europa, um auf einer Farm im brasilianischen Regenwald zu leben. Dort lernte sie die Syntropische Landwirtschaft kennen - eine landwirtschaftliche Denkweise und Technik, die mit den Prozessen der Natur arbeitet und wirklich lebensfördernd wirkt.

Das führte schließlich dazu, dass sie einen Verein namens Soulfood Forestfarms gründete, der Landwirten auf der ganzen Welt hilft, auf regenerative Agroforstwirtschaft umzusteigen, um nährstoffreiche und vielfältige Lebensmittel für lokale Gemeinschaften zu produzieren und gleichzeitig Ökosysteme wiederherzustellen, die Artenvielfalt zu erhöhen und den Wasserkreislauf zu nähren.

"WENN WIR ERKENNEN, DASS WIR EIN TEIL DER UMGEBUNG SIND, SCHAFFEN WIR BLASEN DES WOHLBEFINDENS."

WAS BEDEUTET "DREAM LOCAL" FÜR DICH?

Ich bin eine geborener Träumerin - aber glücklicherweise auch eine geborene Macherin - also ist "lokal träumen" für mich der erste Schritt zu einer neuen Realität. Lokalismus beginnt mit den Menschen; mit dem Glauben, dass das Land, auf dem wir leben, mitgestaltet werden kann, dass wir selbstständig und in Harmonie mit den gegebenen Ressourcen leben können. Wenn wir erkennen, dass wir ein Teil der Umgebung sind - dass wir eine Funktion zu erfüllen haben, um es gedeihen zu lassen oder zu heilen - schaffen wir lokale Blasen des Wohlbefindens. Von Natur aus sind wir - wie alles Leben um uns herum - dazu geschaffen, zu gedeihen. Doch Gedeihen funktioniert nur, wenn wir erkennen, dass wir ein Teil dieses wunderschönen größeren Wesens sind, das Leben genannt wird, und in Harmonie mit den Gesetzen der Natur leben. Lokal zu träumen bedeutet, dass wir dies verstehen und es als ein Geschenk ansehen, Teil eines intelligenten Systems zu sein. Nur dann können wir es in die Realität umsetzen.

Meine Vision für eine lokalere Zukunft ist, dass Landwirte gemeinsam mit den lokalen Gemeinschaften entscheiden, was auf dem Land produziert werden kann und wie dieser Wert in der Region gehalten werden kann. Wenn wir auf eine Art und Weise produzieren, die regenerativ ist, steigt der Wert des Bodens, der Wert der angebauten Lebensmittel steigt, der Wert der genetischen Stämme im Saatgut verbessert sich in Bezug auf ihre Anpassung an das Land, der Wert der sozialen Interaktionen steigt und der Wert der Gemeinschaft wird greifbar.

Was sind die größten Herausforderungen, die uns daran hindern
eine lokale Verbindung zur Natur aufzubauen?

Wir müssen unseren Lebensstil neu überdenken, uns neu vorstellen, wie unser Leben aussehen könnte. Wir alle haben inzwischen erlebt, wie ein winziger Virus unsere Lebensweise global komplett durcheinanderbringen kann. Wir haben gelernt, dass wir von zu Hause aus arbeiten, weniger reisen, beim Bauern im Dorf einkaufen und uns gegenseitig unterstützen können.

Die Reise, sich wieder mit der Natur zu verbinden, beginnt lokal - im Inneren. Und dieser innere Dialog kann wunderbar durch die Natur ausgelöst werden - indem wir mehr im Freien leben.

 

WIR MÜSSEN UNSEREN LEBENSSTIL ÜBERDENKEN UND UNS NEU VORSTELLEN, WIE UNSER LEBEN AUSSEHEN KÖNNTE.

WIE KÖNNEN ANDERE "DREAM LOCAL"?

Fangt bei euch selbst an; wenn ihr einen Balkon oder einen kleinen Garten habt, fangt an, etwas von deinen Lebensmitteln anzupflanzen, und pflanzt mehr an, als ihr brauchen werdet. Schließt euch einer lokalen CSA an, einer Gruppe für gemeinschaftsgestützte Landwirtschaft - dort verbindet ihr euch direkt mit einem Landwirt und arbeitet gemeinsam mit anderen Familien und Nachbarn aus eurer Gemeinde für ein paar Tage auf dem Hof und erhalten wöchentlich schmackhafte, lokal angebaute Lebensmittel. Helft einem Bauern, einem Gärtner, schließt euch einer Community Farm an, geht wandern, macht euch die Hände schmutzig, die Haare unordentlich und die Augen wieder strahlend.

“MACHT EUCH DIE HÄNDE SCHMUTZIG, DIE HAARE UNORDENTLICH UND DIE AUGEN WIEDER STRAHLEND."